Warum das Pferd zum Zahnarzt muss und was das mit dem Atlas zu tun hat
Pferde müssen- wie wir Menschen auch- regelmäßig dem Zahnarzt/Pferdedentisten vorgestellt werden. Regelmäßig heißt bei einem gesunden Pferd ca. 1x jährlich. Ich betone hier nochmals das Wort „gesund“, da Pferde mit chronischen Zahnproblemen (z.B. starker Überbiss, fehlender Zahn,…) natürlich dementsprechend öfter kontrolliert werden sollten, meist 2x jährlich. Die Kontrolle durch einen Dentisten ist von großer Bedeutung, da die Zähne des Pferdes stetig wachsen (ab ca. 8-12 Jahre wachsen sie nicht mehr, dann werden sie nur noch „rausgeschoben“) und sich in den seltensten Fällen gleichmäßig abnutzen. Meist ist es aber der Fall, dass sich eine Seite schneller abnutzt als die andere oder auch die Backenzähne schneller abnutzen, als die Vorderzähne. Bei letzterer Situation würden sich die Schneidezähne vermehrt vorbiegen, bzw. ihre Form verändern, da das Pferd großen Druck ausübt, um mit den Backenzähnen mahlen zu können. Was es damit auf sich hat und was für Folgen es mitbringt, darauf gehe ich ein anderes Mal ein. Zurück zu den unterschiedlich abgenutzten Backenzähnen. Nehmen wir an das Pferd kaut lieber rechts, heißt durch das Mahlen des Futters würden sich die Zähne auf der rechten Seite schneller abnutzen, als die Zähne auf der Linken. Wird dies nicht rechtzeitig korrigiert, stellt sich der Kiefer über kurz oder lang darauf ein und wird auch „schief“. Das Kiefergelenk (Temporomandibulargelenk) steht in direkter Verbindung zum Kiefer und um die Schiefe des Kiefers auszugleichen, stellt es sich ähnlich schief. Heißt kurz gesagt: schiefer Kiefer = schiefes Kiefergelenk.
Nun dazu, was der Atlas mit der ganzen Sache zu tun hat.
Der Atlas ist der erste Halswirbel, direkt gefolgt vom Axis, dem zweiten Halswirbel. Zusammen bilden sie das Atlantoaxialgelenk- eines der wichtigsten Gelenke beim Pferd, wenn es um Stellung und Biegung geht, da dies der einzige Übergang ist, der eine Stellung des Kopfes zulässt.
Der Atlas steht fast unmittelbar in Kontakt zum Kiefer, bzw. zum Kiefergelenk. Bedeutet: ein schiefes Kiefergelenk wirkt sich in den meisten Fällen auf den Atlas aus. Dieser kippt/rotiert und blockiert somit die Beweglichkeit im Atlantoaxialgelenk. Wenn der Atlas also beispielsweise nach links rotiert, steht er auf der rechten Seite tiefer, sodass der Atlasflügel links die Bewegung des Gelenks blockiert und somit eine Stellung/Biegung vom Pferd anatomisch bedingt nicht auszuführen ist. So wird sich das Pferd auf der linken Seite z.B. verwerfen oder dem Reiter „steif“ vorkommen -> um hier nur mal auf eine mögliche Folge nicht ausführbarer Übungen einzugehen.
Der Therapeut richtet den Atlas bei einer Behandlung wieder. Dies bringt allerdings nur etwas, wenn kurz darauf eine Zahnbehandlung folgt, um (in diesem Fall) den Schiefstand auszugleichen und zu korrigieren. Wird kein Dentist zur Korrektur gerufen, fällt der Atlas schnell wieder in die vorige falsche Position zurück und man steht wieder vor dem gleichen Problem. Andersherum (Zähne werden behandelt, Atlas nicht) passiert genau das Gleiche: durch Korrektur der Zähne wird das Kiefergelenk wieder entlastet, der Atlas ist aber nach wie vor in dieser Schiefstellung und versucht das Kiefergelenk auszugleichen. Das wiederum führt dazu, dass der Kiefer den Atlas ausgleichen möchte und somit wieder schief wird. Ihr seht also, um eine regelmäßige Kontrolle kommt man nicht herum.
Natürlich hat im Bezug zum Kiefergelenk und dem Atlas die Halsmuskulatur auch eine entscheidende Rolle. Was das mit der betroffenen Muskulatur macht, welche Muskeln überhaupt betroffen sind und was für Folgen das hat, werde ich beim nächsten Mal erklären.